So schlecht steht es um das grösste Schweizer Spital
So schlecht steht es um das grösste Schweizer Spital info@medinside.ch (Esther Diener)
Das Berner Inselspital, das grösste Spital in der Schweiz, gerät in Erklärungsnotstand. Es hat im letzten Jahr 80 Millionen Franken Verlust gemacht. Wie konnte das nur passieren, nachdem im Vorjahr immerhin noch 25 Millionen Franken Gewinn zu verzeichnen waren?
Personalnotstand und zu wenig Einnahmen
Die Insel-Verantwortlichen geben zwei Gründe an: Zu wenig Personal und zu tiefe Spitaltarife: «Wir haben momentan zu wenig Fachkräfte im Pflegebereich, um alle unsere Betten betreiben zu können. Das wirkt sich sowohl auf unsere Finanzen als auch auf die Belastung bei unseren Mitarbeitenden aus. Hinzu kommt eine schwierige Tarifsituation, da weder die Verbesserung der Anstellungsbedingungen noch die allgemeine Teuerung in den Tarifen abgebildet sind», sagt Direktionspräsident Uwe E. Jocham, gemäss einer Mitteilung.
Ist wirklich Covid-19 schuld?
Die Insel-Verantwortlichen geben Covid-19 zumindest eine Mitschuld an der Situation: «Im Frühjahr 2022 wurde in der Insel-Gruppe die Höchstzahl an positiv getesteten Patienten seit Ausbruch von Covid-19 verzeichnet. Auch die Anzahl der erkrankten Mitarbeitenden erreichte den Höchststand. Als Folge davon verschärften diese Absenzen die ohnehin angespannte Personallage und führten zu Kapazitätseinschränkungen im Spitalbetrieb. Für das Jahr 2020 hat der Kanton das Inselspital für solche Ausfälle entschädigt, danach aber nicht mehr.
Zwei Spitäler schliessen demnächst
Nun will und muss die Insel durchgreifen: Geplant ist, die beiden Spitäler Tiefenau und Münsigen zu schliessen. Der Standort Münsingen wird schon in drei Monaten geschlossen, der Standort Tiefenau erst Ende Jahr.
Die geplante Schliessung betrifft rund 1000 Angestellte. Eine überwiegende Mehrheit der Mitarbeitenden soll an den anderen Standorten Inselspital, Aarberg, Belp, Heiligenschwendi und Riggisberg weiterbeschäftigt werden.
200 Angestellten wird gekündigt
Den Pflegefachleuten wird ein neues Stellenangebot innerhalb der Insel Gruppe garantiert. Für rund 400 Personen mit anderen Funktionen würden individuelle Lösungen innerhalb der Insel Gruppe oder auf dem Arbeitsmarkt gesucht, stellt die Insel in Aussicht. Trotzdem werde es Kündigungen geben – die Insel geht von 200 betroffenen Angestellten aus.
Mehr Einnahmen, weniger Ausgaben
Künftig will die Insel mehr Patienten im Notfallzentrum und in der Chirurgie behandeln. Ein grosses Bauvorhaben will das Spital streichen: Das geplante neue Logistikgebäude für die Essens- und Medikamentenversorgung des ganzen Inselspitalareals wird nicht gebaut.
200 Millionen Franken sparen
Nicht betroffen ist das neue Hauptgebäude, das im Herbst eröffnet wird. Auch an der Einführung des neuen Klinikinformations- und Steuerungssystems (KISS) von Epic hält das Spital fest. Es soll in einem Jahr betriebsbereit sein.
Die Zahlen
- Letztes Jahr hat die Insel Gruppe 59'700 Patienten behandelt, im Vorjahr waren es 62'000. Dies entspricht einer Abnahme um 3.6 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
- Der Schweregrad (Case Mix Index) stieg von 1.379 auf 1.394.
- Die Zahl der ambulanten Konsultationen stieg von 910'500 auf 929'000 (plus zwei Prozent.
- Im Spitalbetrieb resultiert ein Verlust von 73,4 Millionen Franken.
- Die Ebitda-Marge sank von 6,9 auf lediglich noch 2 Prozent.