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Nutzen von digitalen Gesundheitsanwendungen stärker fokussieren

Nutzen von digitalen Gesundheitsanwendungen stärker fokussieren unknown

/Beerheide

Berlin – Digitale Gesundheitsanwendungen, wie die elektronische Patientenakte (ePA), werden nur Erfolg haben, wenn alle Beteiligten von dessen Nutzen überzeugt sind. Darin waren sich die Teilnehmer einer Diskussionsrunde auf der Messe für die digitale Gesundheitsversorgung DMEA gestern einig.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Matthias Mieves bekräftigte die Notwendigkeit einer hohen Nutzerfreund­lichkeit. Bei dem geplanten Transformationsprozess der ePA hin zu einem Opt-out-Verfahren wolle er insbe­sondere die Perspektive der Bürgerinnen und Bürger vertreten.

Mit dem Opt-out-Verfahren soll die elektronische Patientenakte (ePA) künftig automatisch allen Versicherten zur Verfügung gestellt werden. Wer keine Akte möchte, kann entsprechend widerrufen oder die Akte löschen lassen.

Um diesen Nutzen stärker in den Vordergrund zu stellen, brauche es eine große Aufklärungskampagne für alle Bürger, die sich nicht ausschließlich auf das Thema Datenschutz konzentriert, sagte Mieves. Wenn Versicherte aber verstün­den, welchen Nutzen sie durch die ePA etwa bei der Frage von Nebenwirkungen bei der Einnahme verschie­dener Medikamente oder im Notfall hätten, würde die Akzeptanz deutlich steigen, so der Digitalpolitiker.

Norbert Butz, Leiter des Dezernats für Digitalisierung der Bundesärztekammer (BÄK), ist der Meinung, dass bei der Diskussion um die ePA der Nutzen viel mehr im Fokus stehen sollte. Die ePA werde ein Gamechanger, wenn 70 bis 80 Prozent der Bevölkerung die Akte nutzen werden, so Butz.

Er sprach sich zudem für die geplante Einführung des Opt-out-Verfahrens aus. Außerdem habe die Ärzteschaft etwa mit dem Notfalldatensatz, klinischen Basisinformationen oder der Medikationsübersicht bereits erste Module gestaltet, die für die Akte genutzt werden könnten. Es gebe diese Anwendungen seit vier Jahren, sie würden aber noch nicht genutzt und umgesetzt.

Der IT-Berater Harald Flex warnte in diesem Zuge davor, dass die ePA zwar flächendeckend kommen, aber nichts in den Akten stehen werde. Er sieht die Ärzte und die Krankenhäuser insbesondere in der Pflicht, die ePA mit Daten zu befüllen und auch zu nutzen.

Bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens sollte allerdings nicht nur die ePA diskutiert werden, forderte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Techniker Krankenkasse (TK), Thomas Ballast. Er habe Sorgen, dass die ePA als der alleinige Dreh- und Angelpunkt des Erfolgs oder Misserfolgs der Digitalisierung im Ge­sundheitswesen gesehen werde, sagte er. Wichtiger sei, wie etwa die ePA angewendet werde und das darin nicht nur PDF-Dokumente unstrukturiert abgelegt werden. Es müsse besser kommuniziert werden, welchen exklusiven Nutzen die ePa hat.

Gematik soll Nutzerperspektive mehr berücksichtigen

Um die Nutzerfreundlichkeit der ePA sicherzustellen, werde auch die Gematik umgebaut, erklärte Mieves. Die geplante Umgestaltung hin zu einer staatlichen nationalen Gesundheitsagentur soll insbesondere inhaltliche Änderungen mit sich tragen.

Bislang habe sich die Gematik zu sehr auf Spezifikationsprozesse fokussiert, sagte Mieves. Nutzende werden in diesen Fragen nicht berücksichtigt. Es brauche aber beispielsweise einen Design-Thinking-Prozess, in dem Nutzende mitgedacht und mit an Bord sind, um einen funktionierenden Prototypen zu erarbeiten, so Mieves.

Auch für Berater Flex müsse es nun auch aus dem Haus der Gematik die „Killer-Apps“ geben, die jeder haben wolle, damit die Digitalisierung im Gesundheitswesen voran kommt. Allerdings warnt er davor, alles bereits zu 100-Prozent fertig entwickelt zu haben, bevor man an den Markt geht.

Details zum Umbau der Gematik zu einer Anstalt des öffentlichen Rechts werden in den kommenden Digitali­sierungsgesetzen geregelt, die bald vorgelegt werden sollen, sagte heute Susanne Ozegowski, Abteilungslei­terin für Digitalisierung und Innovation im Bundesgesundheitsministerium (BMG), bei einer anderen Diskus­sionrunde auf der DMEA-Messe.

Der Beirat der Gematik werde künftig anders konzipiert, allerdings sollen weiterhin die Ärzteschaft, Patien­tenvertretungen und die Bundesländer mit einbezogen werden, betonte Ozegowski.

Auch der Chef der Gematik, Markus Leyck Dieken, erklärte gestern auf der DMEA, dass sich die Gematik bereits in den vergangenen Jahren deutlich verändert hätte. Sie sei mehr und mehr auf Nutzende zugegangen und insbesondere bei der Ausgestaltung des Opt-out-Verfahrens bei der ePA werde mittlerweile auch die Ärzte­schaft deutlich mehr einbezogen. © cmk/bee/aerzteblatt.de