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Liebe Spitäler: Die Lage darf nicht fatalistisch akzeptiert werden

Liebe Spitäler: Die Lage darf nicht fatalistisch akzeptiert werden info@medinside.ch (Heinz Locher)

Wie kam es zur allgemeinen Finanznot in den Schweizer Spitälern? Ein wichtiger Aspekt dabei: Die Spitäler unterschreiben Tarifverträge, obwohl sie ihren gesetzlichen Auftrag mit den ausgehandelten Sätzen gar nicht erfüllen können. Das aber sollten sie nicht, das dürften sie nicht. Denn in diesem Fall müssten die Kantonsregierungen eingreifen. So sieht es das KVG vor.

Anne-Geneviève Bütikofer, die Direktorin des Spitalverbands Hplus, nannte in einem Beitrag auf Medinside mehrere Gründe, weshalb die Spitäler sich am Ende dennoch auf solche Verträge einlassen: Jede Alternative wäre erstens aufwändig und zweitens sehr unsicher. «Das führt zu einem langwierigen und noch aufwändigeren Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht», so die Verbandsdirektorin.

Heinz Locher ist Gesundheitsökonom und Berater in eigener Firma, insbesondere in den Bereichen Entwicklung und Regulierung des Gesundheitssystems, Strategiefindung sowie Allianzen und Fusionen.

Die von Anne-Geneviève Bütikofer geschilderte Konstellation ist typisch für konfrontative, strukturell asymmetrische Verhandlungsmodelle. Die Stellung der Spitäler entspricht darin derjenigen des Auswanderers, der in den letzten Tagen vor der Abfahrt noch sein Auto verkaufen muss, um seine Reise zu finanzieren (während potenzielle Käufer das wissen…).

Eine solche Konstellation zwischen den Vertragsparteien in einem der zentralen Kernprozesse des KVG ist unhaltbar und darf nicht fatalistisch akzeptiert werden. Mögliche Alternativen sind getaktete Fristenläufe für alle Partner und Phasen, gegebenenfalls der Entzug der aufschiebenden Wirkung von Rekursen.

Die Kantonsregierungen als Genehmigungs- oder Festsetzungsbehörden sollten nicht mit Hintergedanken auf ohnehin bevorstehende Gerichtsverfahren bloss einen «Arbeitstarif» festlegen (Arbeitstarif, weil er am wenigsten Arbeit erfordert?).

Schliesslich ist auch das Bundesverwaltungsgericht in das Regime der getakelten Fristenläufe einzubinden. Dafür braucht es sich nicht mehr als Rechnungsbüro für die Vertragsparteien missbrauchen zu lassen (bis es so weit ist, gebührt den Urteilsredigierenden unser uneingeschränktes Mitgefühl).

Wenigstens der Bundesrat bleibt zuversichtlich (haben wir etwas verpasst?). In einer Antwort auf eine Interpellation im Parlament schrieb die Landesregierung: «Der Bundesrat wird sich (…) weiterhin (sic!) dafür einsetzen, dass die Tarifpartner ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen. In diesem Sinn fordert er die Tarifpartner auf, regelmässig zu prüfen, ob die Tarife den aktuellen Gegebenheiten entsprechen und diese an einer effizienten Leistungserbringung ausrichten.» Amen: So sei es.