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Krankenhaus Barometer 2023: Gaß warnt vor „Rekord-Insolvenzjahr“ für Krankenhäuser

Krankenhaus Barometer 2023: Gaß warnt vor „Rekord-Insolvenzjahr“ für Krankenhäuser unknown

Die deutschen Kliniken malen mit Blick auf ihre finanzielle Situation schwarz für Zukunft. 78 Prozent erwarten im Jahr 2023 einen Jahresfehlbetrag zu erzielen. Pessimistisch ist ihr Blick auch aufs Folgejahr. 2024 stünde laut Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), ein „Rekord-Insolvenzjahr“ bevor, da „fast kein Krankenhaus seine Ausgaben mehr aus den laufenden Einnahmen decken“ könne.

Wie aus dem Krankenhaus Barometer 2023 hervorgeht, erwarten 71 Prozent der befragten Krankenhäuser 2024 nochmal eine Verschlechterung ihrer Liquidität, nur vier Prozent eine Verbesserung. „Das sind die schlechtesten Werte seit Einführung des Krankenhaus-Barometers im Jahr 2000. Die Lage der Krankenhäuser in Deutschland ist dramatisch, und die Kliniklandschaft verändert sich in einer nie dagewesenen Geschwindigkeit und Intensität.“, so Gaß.

Personal- und Kostenexplosion als Treiber der Entwicklung

Als Ursachen nennen die 388 befragten Kliniken generelle Kostensteigerungen bei Energie, medizinischem Bedarf sowie Löhnen, die 93 Prozent von ihnen stark betreffen. Insbesondere die kleineren Häuser haben hiermit zu kämpfen.

Binnen eines Jahres hat sich der Anteil der Krankenhäuser mit einem negativen Jahresergebnis enorm erhöht. Während 2022 die Hälfte aller Kliniken einen Jahresfehlbetrag erzielte, rechnen 2023 75 Prozent aller Kliniken mit ebenjenem Ergebnis. Die DKG macht hierfür die Unterfinanzierung bei der Investitionsförderung als auch den weiterhin ausbleibenden Inflationsausgleich verantwortlich. Da die Kliniken ihre Preise nicht eigenverantwortlich anheben dürfen, um der Inflation entgegenzuwirken, entstünde eine Schieflage, so Gerald Gaß.

 

Das sind die schlechtesten Werte seit Einführung des Krankenhaus-Barometers im Jahr 2000. Die Lage der Krankenhäuser in Deutschland ist dramatisch.

 

Hoffnungsschimmer bei Digitalisierung und Ambulantisierung

Wie aus dem Krankenhaus Barometer 2023 hervorgeht, geht es jedoch bei Digitalisierung und Ambulantisierung voran. So haben sich mehr als 90 Prozent aller Kliniken an der bundesweiten Vergleichsmessung ihres digitalen Reifegrads 2021 beteiligt. Im Schnitt nutzen oder implementieren sie durchschnittlich fünf digitale Dienste, darunter elektronische Leistungsdokumentationen, ein digitales Medikationsmanagement oder Patientenportale für ein digitales Aufnahme- und Entlassmanagement. Flaschenhals für eine noch schnelleren Digitalisierungsfortschritt seien allerdings Lieferschwierigkeiten und ausgelastete Kapazitäten bei Herstellern und Partnern sowie der Personalmangel im IT-Bereich, der sie laut Krankenhaus Barometer 2023 ausbremst.

Und auch bei der Ambulantisierung sind Fortschritte zu verzeichnen. In 74 Prozent der Häuser seien die Behandlungsprozesse zur Umsetzung der weiteren Ambulantisierung bereits umgestellt oder entsprechendes zeitnah geplant. Gleichzeitig betrachten jedoch gerade große Kliniken (79 Prozent) die politischen Bestrebungen zum Ambulantisierungsausbau skeptisch, auch wegen der sehr aufwendigen Umsetzung des neuen AOP-Vertrags. Die mit dem neuen AOP-Vertrag 2023 in Kraft getretenen Änderungen zur Begründung der stationären Behandlungsbedürftigkeit, zur Schweregraddifferenzierung und zur Vergütung von Sachkosten stoßen bei den Krankenhäusern größtenteils auf Ablehnung, so geht es aus dem Krankenhaus Barometer 2023 hervor.

Was brauchen die deutschen Krankenhäuser jetzt?

Angesichts dieser Entwicklungen fordert die Deutsche Krankenhausgesellschaft daher, eine die inflationsgerechte Anpassung der Landesbasisfallwerte und Psychiatrieentgelte. Sie moniert, dass die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach geplante Krankenhausreform nicht die strukturellen Defizite beseitigen würde. Die Vorhaltefinanzierung könne bei entsprechend wirksamer Ausgestaltung grundsätzlich ein sinnvoller Schritt sein, sei in der aktuellen Konzeption des Bundesgesundheitsministeriums  jedoch „gerade keine Existenzgarantie für Krankenhäuser im ländlichen Raum“, da es sich lediglich um eine Umverteilung der Ressourcen handele. Auch von einer Überwindung des Fallpauschalensystems kann keine Rede sein. Und die Zeit drängt. Bis Ende dieses Jahres fehlen laut DKG den Krankenhäusern zehn Milliarden Euro. Sie befürchtet, dass viele Krankenhäuser die geplante Reform Lauterbachs nicht mehr erleben werden.

Seit 2000 werden jährlich Kliniken mit mindestens 100 Betten zu Themen wie Gesundheits- und Krankenhauspolitik befragt. Das Krankenhaus Barometer wird im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), dem VKD (Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands) und dem VLK (Verband leitender Krankenhausärztinnen und -ärzte) erstellt. Sie sind die Träger des DKI, dem Deutschen Krankenhausinstitut.

DKG/DKI/enc