4 min read

Gemischte Reaktionen auf Krankenhausreformvorschläge

Gemischte Reaktionen auf Krankenhausreformvorschläge
Gemischte Reaktionen auf Krankenhausreformvorschläge

Gemischte Reaktionen auf Krankenhausreformvorschläge

/sudok1, stock.adobe.com

Berlin – Die Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und FDP haben die heute vorgelegten Vorschläge für eine grundlegende Reform bei der Vergütung der Krankenhäuser begrüßt. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) sieht zwar „Schnittmengen“ mit den Vorschlägen, warnt aber zugleich vor einer drohenden dauerhaften „strukturellen Unterfinanzierung“. Seitens der Krankenkassen wurde das Konzept wohlwollend aufgenommen – nun komme es auf die konkrete Umsetzung an.

„Finanzielle Anreize dürfen nicht leitend sein für die medizinische Versorgung, es braucht hier endlich wieder ein gesundes Gleichgewicht“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen, Janosch Dahmen. Die heute vorgelegte Stellungnahme einer Regierungskommission sei „der Startschuss für eine überfällige, umfassende Reform“. Es sei gut, die Bedeutung einer stärker an der Daseinsvorsorge orientieren Finanzierung wie bei der Feuerwehr oder der Polizei zu betonen.

FDP will sich für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte einsetzen

SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt nannte die Kommissionsvorschläge „eine gute Grundlage“ um die Versorgungsqualität vor Ort zu stärken und den ökonomischen Druck aus den Behandlungen zu nehmen. „Das heißt: Qualität rechnet sich wieder mehr.“ Der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann sagte, die Vorschläge gäben „gute Richtmarken“. Bei den weiteren Beratungen wolle die FDP darauf achten, dass der Fokus nicht nur auf den Kliniken liege, sondern auch die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in diese essenzielle Reform eingebunden würden.

Die DKG begrüßte, dass mit den Vorschlägen der Expertenkommission „nun endlich“ eine Reformdiskussion eingeleitet werde. „Mit der Vorstellung der Reformvorschläge der Expertenkommission beginnt nun der notwendige strukturierte Prozess, um die Reformvorschläge mit den Akteuren, Verbänden, Bund und Ländern abzustimmen. Die vorgesehenen Veränderungen im Finanzierungs- und Planungswesen des Krankenhaus­systems sind eine Grundlage, um zu diskutieren, inwiefern sie umsetzbar und praktikabel sind“, erklärte der DKG-Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß.

Zu beachten sei aus Sicht der DKG, dass es bei allen Einzelvorschlägen ein tragfähiges Gesamtkonzept für eine Reform brauche, die insgesamt auch mit den Ländern konsentiert werden müsse. In der Kranken­hausplanung verliere sich die Kommission allerdings „in kleinteiligen Planungsvorgaben und Regelungen“ und erschwere damit die benötigte Einigung zwischen Bund und Ländern.

Schnittmengen mit den Vorschlägen sieht die DKG insbesondere bei der vorgesehenen Ergänzung der DRGs um eine leistungsunabhängige Vorhaltefinanzierung. Bezüglich der problematischen Investitionskosten­finanzierung „springt die Kommission aber viel zu kurz“, so Gaß. Dabei sei die unzureichende Investitions­förderung eine der Hauptursachen für die angespannte wirtschaftliche Lage vieler Krankenhäuser und die knappe Personaldecke.

Umverteilen ist zu wenig

Zudem gehe die Kommission von einer „falschen Grundprämisse“ aus, da die Reform die aktuellen finanziellen Mittel nur umverteile. „Damit basiert die Finanzreform aber bereits auf einer strukturellen Unterfinanzierung und ist damit im Prinzip schon zu Beginn zum Scheitern verurteilt“, warnte Gaß.

Die Forderung der DKG: Das Erlösvolumen der Krankenhäuser müsse zum Start der Finanzierungsreform „sachgerecht und vollständig ausfinanziert“ werden. Das heiße konkret, dass die aktuelle Basis inflationsbedingt um mindestens 15 Milliarden Euro bei den Betriebskosten und jährlich vier Milliarden Euro bei den Investitionskosten aufgestockt werden muss.

Als gute Grundlage für die Evolution des Gesundheitssystems bezeichneten die Diakonie Deutschland und der Deutsche Evangelische Krankenhausverband (DEKV) das Reformkonzept. „Die Vorschläge zur großen Krankenhausreform haben das Potential zur Evolution des DRG-Systems – aber ein Praxischeck zu den Auswirkungen für die Versorgung vor Ort muss verpflichtend sein.“

Man fordere eine regelhafte Beteiligung von Krankenhäusern, Krankenkassen, Pflege- und Gesundheitsfachberufen sowie der Länder im neu einzusetzenden Ausschuss zur Definition von Leistungsgruppen und Anforderungen, so Christoph Radbruch, Vorsitzender des DEKV.

Für die Bundesländer sind die Reformpläne nach Ansicht von Bayern „nicht akzeptabel“. „Die Planungen greifen unzumutbar in die Krankenhausplanungskompetenz der Länder ein“, sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) heute in München. Die Regierungskommission würde „ein zentral gesteuertes, quasi-planwirtschaftliches und hochtheoretisches System vorschlagen“, das sehr rasch zu einer massiven Konzentration der stationären Versorgungsangebote führen werde.

Zudem kritisierte Holetschek, dass weiterhin kein Ausgleich für die massiv gestiegenen Sachkosten der Kliniken in Sicht sei. Die bestehende Unterfinanzierung solle stattdessen – mit Ausnahme der Pädiatrie, für die es mehr Geld gibt – durch Umverteilung innerhalb des Systems „gelöst“ werden. „Das ist absolut unzureichend.“

Kassenlob für Reformideen

„Die Kommission hat gute Impulse für eine große Krankenhausreform erarbeitet, die diesen Namen tatsächlich verdient. Die Verknüpfung von qualitätsorientierter Planung mit der Neujustierung der Vorhaltefinanzierung ist aus unserer Sicht ein sehr guter und wegweisender Ansatz“, bewertete die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, die Vorschläge.

Allerdings komme es jetzt auf die Umsetzung an: Entscheidend seien die richtige Definition von Mindest-Qualitätsvoraussetzungen sowie die konkrete Ausgestaltung der Mindestgröße von Versorgungsaufträgen, so Reimann.

Franz Knieps, Vorstandsvorsitzender des BKK Dachverbandes, sagte, die Regierungskommission habe ein „mutiges und interessantes Modell“ zur Neuordnung der Krankenhausfinanzierung vorgelegt. Die genaue Bewertung werde davon abhängen, wie diese Vorschläge jetzt in einen Gesetzentwurf einfließen. Besonders hervorzuheben sei hierbei, dass die Bundesländer endlich ihre Investitionsverpflichtungen für die stationäre Versorgung erfüllen und die vorgeschlagene Gliederung der Krankenhausstruktur in die Praxis umzusetzen.

Ähnlich äußerte sich Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen (vdek). Man unterstütze insbesondere die Vorschläge, die Versorgung zukünftig über Versorgungsstufen und Leistungsgruppen zu organisieren. In der Praxis werde es darauf ankommen, eine solche qualitätsorientierte Versorgung konsequent in der Landeskrankenhausplanung umzusetzen.

Vom Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) hieß es, der Reformvorschlag enthalte „gute Elemente einer künftigen Finanzierungsstruktur“. Der Zi-Vorstandsvorsitzende Dominik von Stillfried betonte aber auch, es fehle mit einem Strukturkonzept eine „entscheidende Komponente“. Wenn kein Krankenhaus freiwillig aus der medizinischen Versorgung ausscheide, „dürfte sich im Ergebnis nichts ändern“. © dpa/afp/aerzteblatt.de

1670345073