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Bundes-Klinik-Atlas: Jeder macht seins – das Ringen um die Transparenz

Bundes-Klinik-Atlas: Jeder macht seins – das Ringen um die Transparenz unknown

Im Bundesgesundheitsministerium (BMG) gibt man sich weiter zuversichtlich: Zum 1. Mai werde er stehen, der Bundes-Klink-Atlas, heißt es auf Anfrage von kma im Hause Lauterbach – zumindest in einer Beta-Version. „Nach einer Fehleranalysen- und Korrekturschleife“ solle der Atlas dann am 16. Mai öffentlich präsentiert und live geschaltet werden, erklärt ein Sprecher.

Der Atlas ist Teil des Krankenhaustransparenz-Gesetzes und soll Patienten mehr Informationen zur Qualität von Kliniken liefern, so das BMG. Mit ihm sollen sie sich online besser über Fachgebiete, Personalausstattung oder Fallzahlen von Häusern informieren können. „Mit dem interaktiven Krankenhaus-Atlas machen wir die Qualität der Krankenhäuser transparenter und stärken so die individuelle Entscheidung der Patienten“, sagt Minister Prof. Karl Lauterbach.

Patienten oder Angehörige könnten sich vor einem geplanten Eingriff zum Beispiel darüber informieren, in welchem Krankenhaus der Eingriff wie häufig vorgenommen werde. Per Datenvergleich lasse sich so herausfinden, welche Klinik für den entsprechenden Eingriff spezialisiert sei, so Lauterbach. Unter anderem sollen laut BMG folgende Daten im Internet abrufbar sein:

  • Fallzahlen (ab 1. Oktober 2024 differenziert nach 65 Leistungsgruppen),
  • Ausstattung mit ärztlichem und pflegerischem Personal,
  • Komplikationsraten für ausgewählte Eingriffe,
  • Zuordnung zu Versorgungsstufen (sogenannte Level).

Der Klinik-Atlas werde auch Daten enthalten, die das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) und das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) angefragt und verarbeitet haben, erklärte der Sprecher auf Anfrage von kma weiter. Zudem würden ausgewählte Zertifikate der Kliniken abgebildet.

Im Gegensatz zu anderen Suchportalen, so der Sprecher, sei es Ziel des Bundes-Klinik-Atlas, Krankenhausangebote miteinander zu vergleichen: „Patienten sollen die Chance bekommen, Alternativen zu bewerten – zum Beispiel ist die reine Angabe von Fallzahlen ohne Bezugsgröße nicht aussagekräftig.“

DKG überarbeitet Deutsches Krankenhausverzeichnis

In offenkundiger Konkurrenz zu Lauterbachs neuem Atlas hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) am 22. April ihr überarbeitetes Krankenhausverzeichnis vorgestellt. Ab dem 1. Mai werde es um weitere Inhalte ergänzt, so die DKG. Das „leicht zu nutzende Online-Verzeichnis“ gebe Patienten Auskunft über Leistungsangebot und Behandlungsqualität sämtlicher deutscher Krankenhäuser. Jeden Monat werde es von mehr als 500 000 Menschen genutzt. Die bisherige Einbindung auf den Gesundheitsinformationsseiten des BMG habe das Ministerium zum 1. Mai aber gekündigt.

 

Die Kliniken informieren schon seit Jahrzehnten transparent über ihre Leistungsfähigkeit.

 

Das Verzeichnis bestehe seit mehr als zwei Jahrzehnten, erklärte DKG-Vorstandschef Dr. Gerald Gaß. Es biete „laienverständlich Informationen über Fallzahlen, personelle Ausstattung, Komplikationsraten und vieles mehr“ und sei zusammen mit ärztlicher Beratung „eine gute und valide Entscheidungshilfe für Patienten und ihre Angehörigen“.

Zudem zeige es, „dass die Kliniken schon seit Jahrzehnten transparent über ihre Leistungsfähigkeit informieren“, betont Gaß. Die Mär, dass den Patienten diese Informationen vorenthalten würden, sei schlicht unwahr. Es sei bedauerlich, dass das BMG den Vertrag zur Einbindung des Verzeichnisses auf seinen Seiten gekündigt habe, so Gaß.

Angebote zu Long Covid, neue Suchfunktionen

Mit der Überarbeitung des Verzeichnisses werde die Nutzerfreundlichkeit deutlich erhöht, erklärt René Schubert, Geschäftsführer der Deutschen Krankenhaus Trustcenter und Informationsverarbeitung GmbH (DKTIG), die für die technische Umsetzung zuständig ist. Zusätzlich zu den 12,5 Millionen Daten der Qualitätsberichte seien jetzt die Daten zu Behandlungsangeboten zu Long Covid hinterlegt. Darüber hinaus könne jedes Krankenhaus in Deutschland insbesondere Kontaktdaten und Ansprechpartner tagesaktuell pflegen. Von dieser Möglichkeit machten rund 60 Prozent der Häuser Gebrauch.

 

Nach und nach werden wir zertifizierte Zentren ergänzen.

 

„Zudem haben wir es mit den neuen Suchfunktionen noch einfacher gemacht, das passende Krankenhaus tatsächlich zu finden“, so Schubert: „Uns ist wichtig, dass wir nicht durch irgendwelche Algorithmen oder durch das Einpflegen unzuverlässiger oder nur teilweise vorhandener Daten Suchergebnisse priorisieren.“ Für die Zukunft würden nach entsprechender Validierung weitere Daten ins Verzeichnis aufgenommen, sagt der DKTIG-Chef: „So werden wir beispielsweise nach und nach zertifizierte Zentren ergänzen.“

Clinotel veröffentlicht eigene Qualitätsergebnisse

Vor wenigen Tagen hatte auch der gemeinnützige Clinotel-Krankenhausverbund in seinem Online-Portal die neuesten Qualitätsergebnisse für mehr als 60 Kliniken veröffentlicht. Freiwillig und jährlich aktualisiert würden die anonymisierten Daten der einzelnen Mitgliedshäuser zu eingriffsbezogenen Zertifizierungen, Fallzahlen, Komplikations- und Sterblichkeitsraten sowie die Ergebnisse der kontinuierlichen Patientinnenbefragungen ins Netz gestellt, so der Verbund. Die Ergebnisse seien auf Krankenhausebene oder auf der Basis eines gewählten Eingriffs übersichtlich und nutzerfreundlich visualisiert abrufbar. Zudem lasse sich die Performance der einzelnen Häuser im zeitlichen und im Verbundvergleich nachvollziehen. Ebenso sei die Weiterempfehlungsrate für alle zugänglich.

Dagegen hat die Bertelsmann Stiftung ihre Weisse Liste für die unabhängige Krankenhaussuche nach 15 Jahren zum Ende des März 2024 eingestellt. Das Krankenhaustransparenz-Gesetz greife viele der Forschungsergebnisse und Erkenntnisse aus langjähriger praktischer Erfahrung auf, heißt es auf der bisherigen Homepage der Weissen Liste: „Damit ist das Ziel erreicht, Transparenz über Qualität grundsätzlich im Interesse der Patientinnen und Patienten auszugestalten.“