Assistenzärzte: Berufsverband schlägt Alarm und will Lösungen diskutieren
Assistenzärzte: Berufsverband schlägt Alarm und will Lösungen diskutieren info@medinside.ch (Erna Jonsdottir)
«Wir befinden uns in einer Negativspirale», wird Angelo Barrile, Präsident des Verbands Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte (Vsao), in einem Communiqué zitiert. «Es fehlen Ärztinnen, Ärzte und Pflegefachleute, die Arbeitsbedingungen sind schlecht, viele verlassen den Beruf. Dadurch erhöht sich der Druck auf das verbleibende Personal – und das alles bei einer wachsenden und älter werdenden Bevölkerung».
Verbesserung in weiter Ferne
Für den Vsao ist klar: Eine Verbesserung der Situation ist nicht in Sicht. So habe der Spitalverband Hplus bereits im Januar verlauten lassen, dass verbesserte Arbeitsbedingungen für das Gesundheitspersonal «nur mit mehr Personal und somit mehr finanziellen Mitteln umsetzbar» seien.
Die Krux: Die Krankenkassen verweisen auf die steigenden Prämien – sie wollen die Kosten eher reduzieren. Viele Politikerinnen und Politiker konzentrieren sich ebenfalls auf die Kosten und auch die Kantone haben kaum Lösungen. Die Erkenntnis, dass die Zukunft des Schweizer Gesundheitswesens auf dem Spiel steht und dass jetzt dringend Massnahmen ergriffen werden müssen, ist noch nicht überall angekommen.
«Nun braucht es Willen»
Der Vsao ist überzeugt, dass es Lösungen gibt und dass es für deren Umsetzung nicht immer zwingend mehr Geld braucht, sondern vor allem den nötigen Willen.
Deshalb will der Verband nun einen Runden Tisch organisieren, zu dem alle relevanten Akteure eingeladen werden:
- Krankenkassenverbände,
- der Spitalverband Hplus,
- Ärztinnen und Ärzte,
- die Kantone und
- das Bundesamt für Gesundheit.
Grosse Verzweiflung
An diesem Treffen sollen gemeinsam Lösungen diskutiert werden, die innert nützlicher Frist umgesetzt werden können.
«Wir müssen nun dringend konkrete Wege definieren, und eine Zukunftsperspektive entwickeln. Momentan ist die Verzweiflung und der Frust gerade unter den jungen Ärztinnen und Ärzten gross – dem Gesundheitswesen drohen empfindliche Qualitätseinbussen, wenn sich nichts ändert», sagt Angelo Barrile.
Eine erste Gesprächsrunde soll spätestens Ende Juni stattfinden
Assistenzärztinnen und -ärzte unter Druck
Die Situation in den Schweizer Spitälern ist prekär. Notfall- und Intensivstationen sind überlastet, dringend benötigte Betten sind wegen des Fachkräftemangels in der Pflege gesperrt. Nicht dringliche Operationen müssen verschoben werden, Ärztinnen und Ärzte finden kaum Plätze für Patientinnen und Patienten, die sie überweisen oder verlegen müssten. Patientinnen und Patienten werden früher als üblich entlassen, um die Spitalbetten freizukriegen.
Gerade für Assistenzärztinnen und -ärzte erhöht sich dadurch die ohnehin schon grosse Belastung noch mehr. Das führt dazu, dass immer mehr Medizinerinnen und Mediziner das Gesundheitswesen verlassen.
In einer von der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) im Februar publizierten Umfrage gaben über 70 Prozent der befragten Assistenzärztinnen und -ärzte an, sie hätten es sich schon mindestens einmal konkret überlegt, den Arztberuf aufzugeben. Bei den Oberärztinnen und -ärzten präsentiert sich die Situation im Spitalalltag nicht besser.